Jetzt ist es tatsächlich eingetreten. Olaf Scholz hat nach langer Durststrecke die SPD wieder auf den Spitzenplatz geführt und damit vermutlich das Kanzleramt für diese zurückerobert. Dieser Weg zeichnete sich in den letzten Jahren bereits ab, was gut an meinem Xing-Beitrag in einer Diskussionsrunde aus dem Jahr 2019 zu erkennen ist.
Olaf Scholz ist sicherlich der richtige Mann für die anstehenden Aufgaben. Er ist ruhig, besonnen, erfahren und erzeugt eine positive Grundstimmung bei den Menschen. Nun könnte man sagen, dass er als Vizekanzler mit zu der Misere beigetragen hat. Das ist sicherlich nicht ganz von der Hand zu weisen. Aber die Richtlinienkompetenz lag bei der Kanzlerin, die mit ihrem Stab (Staatssekretäre, Kanzleramtsminister, usw.) die Marschrichtung vorgegeben hat. Außerdem hat er diese Funktion im Gegensatz zu der Kanzlerin nur die letzten vier Jahre bekleidet, so dass allein schon deshalb sein Einfluss diesbezüglich überschaubar gewesen sein dürfte.
Vielleicht ist die aktuelle politische Situation auch mit der Situation der Fußballnationalmannschaft und des FC Bayern Münchens kurz vor der Übernahme durch Hansi Flick vergleichbar. Beide Mannschaften waren mit hochkarätigen und individuell sehr starken Spielern besetzt. Die Nationalmannschaft insbesondere mit mindestens zehn Spielern, die aktuelle Champions League Sieger oder Fifa-Clubweltmeister sind. Darüber hinaus enthielt sie DFB-Pokalsieger und englische Meister sowie einen Weltstar von Realmadrid. Die Zutaten für eine Topmannschaft waren also gegeben. Aber die deutsche Mannschaft bot bestenfalls Mittelklassefußball. Teilweise wurde sogar gemutmaßt, dass wir aufgrund der konstant mittelmäßigen Ergebnisse nicht mehr zur Weltspitze gehören. Und das bei diesem Kader. Wie sich die Nationalmannschaft unter Hansi Flick entwickelt, muss sich zeigen. Aber die ersten drei Spiele mit insgesamt 12:0 Toren (wenn auch gegen leichtere Gegner) stimmen doch zuversichtlich. Das Selbstvertrauen und das Selbstverständnis scheinen zurück zu sein. Das lässt hoffen für die kommende WM in Katar.
Während Hansi Flick bei der Nationalmannschaft von außen kam, rückte er beim FC Bayern München von der Co-Trainer Position auf die des Cheftrainers. Auch hier zeigte sich binnen kürzester Zeit ein enormer Wandel. Die Mannschaft agierte spielfreudig, motiviert, selbstsicher und erfolgsorientiert. Der doch recht große Abstand zur Tabellenspitze wurde schnell eingedampft und am Schluss die Meisterschaft souverän eingefahren. Die Mannschaft spielte am Ende sogar so stark, dass sie nicht nur Fifa-Clubweltmeister wurde, sondern alle nationalen und internationalen Pokale gewann. Ein Novum.
Auch Deutschland verfügt nach wie vor über ein sehr großes Potenzial, hat eine florierende Wirtschaft und sehr gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter in ihren erfolgreichen Betrieben. Die Zutaten für ein insgesamt erfolgreiches Land sind somit ebenfalls vorhanden. Aber Deutschland droht (nicht nur in der Wahrnehmung der Menschen) wie die beiden Fußballmannschaften in die Mittelmäßigkeit abzusinken. Dass das noch nicht erfolgt ist, liegt einzig daran, dass man ein Land nicht so schnell (wie z.B. eine Fußballmannschaft) an die „Wand“ fahren kann. Aber der Weg ist aktuell vorgezeichnet.
Um dem entgegenzuwirken, sind ein neuer Kurs und eine Neuausrichtung des Landes erforderlich. Der erratische und orientierungslose Schlingerkurs mit Blockadehaltung auf der einen Seite (z.B. gegenüber den Anregungen von Emmanuel Macron) und spontanen Überreaktionen, wie z.B. der Atomausstieg und die Aufnahme hunderttausender von Flüchtlingen im Jahr 2015 auf der anderen Seite, sollte beendet werden.
Wie auch bei den beiden Fußballmannschaften liegt die Ursache hauptsächlich an der Gesamtausrichtung. Daher ist auch kein kompletter Umbau, z.B. des Personals oder der Koalition, nötig. Es reichen ein Drehen der Kräfteverhältnisse und ein neuer Führer mit einem neuen Kurs.
Eine komplett neue Mannschaft (z.B. im Rahmen einer Ampelkoalition oder eines rot-rot-grünen Bündnisses [gut, letzteres ist nicht mehr möglich]) würde die Gefahr erhöhen, durch Unerfahrenheit den Schlingerkurs zu intensivieren, zumal in den Problemfeldern (z.B. Klima, Migration und Energiewende) der alte Kurs nahezu komplett (vermutlich sogar in verschärfter Form) übernommen würde.
Dies entspricht auch dem Wunsch der Bürger, da sowohl die Grünen als auch die Linke gegenüber den Prognosen zu Jahresbeginn deutlich abgestraft wurden. Letztere ist sogar nur aufgrund ihrer Direktmandate vertreten. Die Menschen wünschen eine stabile, konservative und zukunftsorientierte Regierung, die eine gute Balance zwischen Modernität und Beständigkeit sicherstellt.